Geschichte

Die Geschichte der Steuererhebung

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Die Entstehung von Steuern und steuerähnlichen Abgaben und Leistungen:

In manchen Abhandlungen wird behauptet, dass die Sumerer vor rund 6000 Jahren die Steuern erfunden hätten, weil aus dieser Zeit die ältesten mit Keilschrift betexteten Tontafeln stammen, auf denen Eintragungen aus dem Steuer- und Rechnungswesen entziffert wurden. Das ist allerdings nicht ganz korrekt formuliert. Tatsächlich muss die Definition lauten, dass bei den Sumerern steuerähnliche Erfassungen erstmalig archäologisch nachweisbar sind. Man kann nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass schon Tausende Jahre vorher steuerähnliche Abgaben erhoben wurden. Nur gibt es darüber keine Nachweise.

Belegt sind dafür andere Ereignisse und historische Prozesse. Zwar sind hierbei auf dem ersten Blick oft keine direkten Zusammenhänge mit den uns bekannten Steuern erkennbar, aber beim näheren Hinsehen dennoch zweifellos erkennbar. Hierzu muss man die Geschichte der Entstehung von Staaten und der damit einhergehenden Eintreibung von Abgaben näher betrachten. Es kann nämlich jede Arbeit ohne Erhalt einer direkten Gegenleistung als Steuerzahlung gesehen werden. Das gilt erst Recht für Zeiten, in denen es noch keine Geldwirtschaft gab.

Zwar kann darüber, wie alles einmal angefangen hatte, nur gemutmaßt werden. Archäologische Befunde zu diesem Thema sind extrem rar und tauchen erst relativ spät auf, als bestimmte Verfahren der Steuererhebung schon ausgereift waren. Man kann auch davon ausgehen, dass es anfangs innerhalb der umherstreifenden Sippen der Urmenschen zwar eine Arbeitsteilung gab, aber vermutlich noch nichts, das irgendwie mit der heutigen Steuer vergleichbar war. Aber ein für uns Menschen typisches Verhalten, das bei der Entstehung von Steuern ganz sicher eine große Rolle spielte, gab es schon immer: Das sind die manchmal gewaltsam ausgetragenen Konflikte untereinander. Hierzu und insbesondere mit benachbarten und konkurrierenden Gruppen kam es sicher schon in den Zeiten der Urmenschen. Unsere nächsten Verwandten, die Primaten, beweisen das schließlich und bei uns Menschen ist das der Grund für den regelmäßigen Ausbruch von Kriegen.

Für die Entstehung dieser gewaltsamen Konflikte gibt es unglaublich viele Gründe. Manche von ihnen scheinen sogar legitim zu sein. Doch wenn man die Ursachen genauer unter die Lupe nimmt, dann haben Kriege seit eh und je immer nur einen Sinn: dem Nachbarn, dem benachbarten Dorf oder dem benachbarten Reich etwas wegzunehmen. Geld gab es früher noch nicht und Landbesitz spielte anfangs auch noch keine Rolle. Also kann es hierbei nur um Lebensmittel und Güter gegangen sein, die bei Raubzügen von vermeintlich schwächeren Nachbarn zu erbeuten waren. Das Ziel war immer, den Wohlstand der eigenen Sippe und des eigenen Volkes zu mehren, manchmal aber auch, das eigene Überleben zu sichern. Oft gingen diese Überfälle allerdings nach hinten los. Die zu beklagenden Opfer und Niederlagen bewirkten das Gegenteil. Doch die Sieger waren leider allzu oft deutlich wohlhabender als vor den kriegerischen Auseinandersetzungen.

Zwischen benachbarten Sippen und Völkern entstanden so auch dauerhafte Konflikte, die teilweise sogar an die nächsten Generationen weitergegeben wurden. Ein bekanntes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die jahrhundertelang andauernde sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Die hieraus resultierenden regelmäßigen Überfälle auf die Nachbarn waren aber sehr uneffektiv und sie verschärften letztendlich die Konflikte, statt sie zu lösen. Man kann davon ausgehen, dass es deshalb vermutlich schon sehr früh die ersten Entwicklungen zu einer direkten Herrschaft über die Nachbarn gab. Und um diese Herrschaft zu legitimieren, wurde Frieden versprochen. Und den Frieden, also den Schutz vor Krieg und Gewalt, mussten die Eroberten mit Abgaben bezahlen. Das galt sogar für das Versprechen, auf Überfälle zu verzichten. Historisch ist das tausendfach belegt. Immer wieder wurden den Verlierern Kosten in Form von Tributen, Frondiensten und Kriegsentschädigungen auferlegt, wie diese Zwangsabgaben bezeichnet werden. Tributzahlungen von benachbarten Reichen haben in der Antike sogar ganzen Staaten die Existenz gesichert, wie es zum Beispiel im assyrischen und im persischen Reich der Fall war. Heute wird diese Art der Geldeintreibung auch als Schutzgelderpressung bezeichnet. Es sind die Steuern, die von illegalen, im Volksmund als Mafia bezeichneten Organisationen eingenommen werden. Aber es gibt auch legale Organisationen, die einen Staat im Staate aufbauen und diesen mit Einnahmen finanzieren, die den Schutzgelderpressungen ähnlich sind. Regelmäßig ist das in Polizei- und Milizenstrukturen der Fall.

Parallel dazu hat man sicher schon von Anfang an die Besiegten auch zu direkten Zwangsarbeiten verpflichtet. Das galt im besonderen Maße für die gefangenen Krieger des Gegners. Die in heutigen Zeiten eigentlich illegitim ausgebeuteten Kriegsgefangenen werden als Zwangs- und Fremdarbeiter bezeichnet. Früher hießen sie Sklaven. Aus dem 18. Jahrhundert vor Christi stammen die ältesten Belege. Man kann aber auch hier davon ausgehen, dass es bestimmte Arten der Sklaverei schon lange vorher gab. Bald galten auch die Nachkommen der Kriegsgefangenen als Sklaven und es entstand ein richtiger Handel mit Sklaven. Es wurden sogar extra Kriegszüge durchgeführt, um das für die Wirtschaft notwendige Sklavenmaterial einzufangen. Die Sklaven mussten also eine Art von Steuern zahlen, indem sie nämlich ohne adäquate Gegenleistungen in den Gesellschaften der Sieger arbeiten mussten. Das galt für die dem Staat gehörenden Sklaven und auch später für die Sklaven im Privatbesitz, die indirekt über die Steuerzahlungen des Sklavenbesitzers den Staat finanzierten.

Sowohl die Entstehung der Schutzgelderpressung als auch die der Sklavenhaltung waren wahrscheinlich zwei parallel verlaufende Entwicklungen, die es auch in verschiedenartigen Varianten und Mischformen gab. Welche der beiden Entwicklungen zuerst zu einem festen Bestandteil der Staatsfinanzierung und damit der Steuereintreibung wurde, kann nicht wirklich belegt werden. Sicher ist aber, dass in der dokumentierten Geschichte der Menschheit fast immer der ärmere und schwächere Teil der Bevölkerung für das notwendige Steueraufkommen zu sorgen hatte. Dokumentiert ist auch, dass die Eroberer selbst so gut wie nie Steuern zahlen mussten. Das galt sogar bis zum Ausbruch der Französischen Revolution von 1789 noch für den gesamten europäischen Adel und für den stark mit dem Adel verquickten Klerus: Der europäische Adel ging hauptsächlich aus germanischen Eroberern hervor, die sich im Verlauf der Geschichte nur selten mit Angehörigen der besiegten ansässigen Bevölkerung vermischten. Besonders der Hochadel sah sich letztlich als vollkommen eigenständige Menschenart, die sich dem einfachen Volk haushoch überlegen fühlte. Die Fürsten heirateten europaweit nur untereinander und die Nachkommen aus Liebesbeziehungen mit Angehörigen aus dem einfachen Volk wurden nicht anerkannt.

Der ursprünglich aus Kriegern hervorgegangene Adel übte somit auch eine Art von Fremdherrschaft aus. Es wurde sogar ein Zeit lang in Europa nur französisch gesprochen, um sich auch sprachlich von den Untertanen zu unterscheiden. Neben dieser Art der Fremdherrschaft war aber auch die Fremdherrschaft durch direkte Eroberung der Normalzustand bei der Entstehung von Staaten und der damit einhergehenden Eintreibung von Steuern. In der historisch belegten Geschichte der Menschheit wurden die Staaten immer wieder von anderen Völkern übernommen. Die Eroberer stellten die Regierungen und übernahmen als Krieger den Schutz des Staates, während sie von den Besiegten versorgt wurden. Oft wurden hierbei auch die Verwaltungsstrukturen der eroberten Staaten übernommen. Dabei und im Zusammenhang mit religiösen Entwicklungen entstanden schließlich die Stände, Klassen und Kasten, so wie sie noch bis in die heutige Zeit hinein erkennbar sind.

Ein typisches Beispiel dieser Entwicklung ist das Ritterwesen. Hierbei wurden ursprünglich einem Krieger Land und mehrere unterworfene Unfreie zugeteilt, die mittels Frondiensten für seine Versorgung zuständig waren. Im Gegenzug musste der Ritter jederzeit kostenlos zu Kriegsdiensten für die höheren Herrscher zur Verfügung stehen. Damit das System auch reibungslos funktioniert, waren schon von Anfang an verschiedene Rangordnungen und die Unterstützung durch landlose Freie notwendig (Divide et impera = Teile und herrsche, hatten schon die Römer gesagt).

Der älteste existierende Nachweis für die Eintreibung von Steuern:

Im alten Ägypten ist für das 3. Jahrtausend vor Christi eine erste staatliche Abgabe belegt. Es wurde eine Erntesteuer und ein Nilzoll erhoben. Das war abhängig vom letzten Hochwasserstand des Nils, weil dieser die Höhe der Ernten beeinflusste. Ägypten war damals schon ein gut funktionierender Staat. Man kann aber davon ausgehen, dass die vermutlich schon Jahrtausende vorher beginnende Entstehung dieses Staates für die meisten Bewohner nicht ganz freiwillig vonstattengegangen war. In der weiteren sehr wechselhaften Geschichte der altägyptischen Hochkultur sind auf jedem Fall viele Eroberungen, Tributzahlungen, Knechtschaften und Versklavungen belegt. So ähnlich wird es wohl auch vor den ältesten existierenden Aufzeichnungen gewesen sein.

Somit kann man sagen, dass unser im Kern sehr vorbildliches Steuerwesen aus der Unterwerfung von Stämmen und Völkern hervorgegangen ist oder zumindest hiervon stark beeinflusst wurde. Die Indizien deuten unübersehbar darauf hin, zumal es sowohl die als Schutzgelderpressungen und Kriegsentschädigungen bezeichneten Tributzahlungen, als auch die offiziell abgeschaffte Sklaverei noch immer gibt (Zwangsarbeit, Zwangsprostitution etc.).

Parallel dazu entwickelten sich aber auch schon früh Abgabensysteme, die von Anfang an nach dem Solidaritätsprinzip funktionierten. Teilweise spielten religiöse Gründe eine Rolle, wie es zum Beispiel auch heute noch in der hinduistischen Kultur üblich ist, in der eine Gabe für die Götter und Mönche in den Tempel gebracht wird. Noch mehr waren es aber militärische Notwendigkeiten, die neben der Pflicht zum Kriegsdienst auch immer wieder zu Verpflichtungen materieller Art führten. Auch hier ging es ursprünglich um den Schutz gegen Krieg und Gewalt. Das beide Varianten, also die Zwangsabgabe und die Abgabe für den Selbstschutz mit der Zeit zu einer Einheit verwuchsen, ist somit leicht nachvollziehbar.

Unsere heutigen Steuern:

Heute leben wir in Wohlfahrtsstaaten. Mit den Steuern werden wichtige Investitionen für das Gemeinwohl finanziert. Auch wenn manches davon umstritten sein mag und bei der Steuererhebung manchmal die abartigsten Fantasien eine Rolle spielen, dienen die hiervon finanzierten Staatsausgaben der gesamten Bevölkerung. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Es ist noch nicht so lange her, dass mit den Steuern hauptsächlich der Luxus der Herrschenden und Kriege finanziert wurden. Das Wohl, die Gesundheit und die Bildung der Bevölkerung waren hierbei vollkommen egal. Wichtig war nur, dass der Zehnt pünktlich abgeliefert wurde. Nur wenn es dabei Probleme gab und vielleicht auch noch der Thron wegen Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu wackeln drohte, war man bereit für diese Abgaben auch Gegenleistungen zu liefern.

Aber auch Zuwendungen der Wohlfahrt gab es schon in historischen Zeiten. Sogar in der Antike. Im alten Rom finanzierte der Kaiser nicht nur die Versorgung der zu großen Teilen arbeitslosen Stadtbevölkerung mit Lebensmitteln, sondern auch die Spiele im Kolosseum. Das galt aber nicht für die Sklaven. Diese mussten diesen Spaß nämlich bezahlen.

Und ja. Das mit der Finanzierung von Kriegen aus Steuergeldern stimmt leider noch heute. Aber zumindest der Anteil an den als Verteidigungsausgaben bezeichneten Kriegskosten ist inzwischen deutlich geringer (interessant in diesem Zusammenhang: Die Kriege scheinen nicht weniger zu werden. Die dafür verantwortlichen obersten Beamten heißen aber weltweit ausschließlich Verteidigungsminister).

Aber auch an der schon im 18. Jahrhundert von Adam Smith erörterten Steuergerechtigkeit mangelt es noch immer. Für die gesellschaftlich höher stehenden Kreise und die inzwischen weltweit ebenfalls wie selbstständige Staaten agierenden Großkonzerne gibt es viele Möglichkeiten der Steuervermeidung. Das liegt zum Teil an der Steuerkonkurrenz der Staaten untereinander und geschieht anderseits aber auch vollkommen zurecht: Werden doch durch offiziell mögliche Parteispenden und den vielen kreativen Möglichkeiten der indirekten finanziellen "Unterstützung" von Politikern die hierzu notwendigen Steuerlöcher oft mit Absicht geschaffen. Es gibt also beim Thema Steuern noch viel zu tun. Leider scheint aber für Verbesserungen auf diesen Gebieten immer eine Revolution oder ein Krieg notwendig zu sein. Wir Menschen können wohl nicht über unseren eigenen Schatten springen.

Falko Göthel

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