Geschichte und Gesellschaft

Geschichte, Bedeutung und Entstehung von Nationen

Geschichte

Was sind Nationen:

Schon die alten Römer kannten den Begriff nasci, was einfach nur geboren werden bedeutete. Als natio wurde daraus später ein Wort, das ähnlich wie die Begriffe populus, vulus und proletarius eine Bezeichnung für das Volk bzw. für bestimmte Teile des Volkes wurde. Interessanterweise wurde mit populus auch die Bevölkerung des Römischen Reiches bezeichnet, nicht aber mit dem Begriff natio.

In späteren Quellen hatte der Begriff nationes sehr unterschiedliche Bedeutungen. Er galt zum Beispiel gleichbedeutend wie gentes für die Geborenen eines Stammes. Im Mittelalter werden dann mit diesem Wort an der Universität von Bologna die Landsmannschaften und an der Pariser Universität die Fakultäten unterschieden. Als Anfang des 15. Jahrhunderts Jan Hus an der Prager Karls-Universität lehrte, wurden die Studenten dort in vier Nationes eingeteilt: die Böhmen (Tschechen), die Polen, die Bayern und die Sachsen. Schließlich tauchte in den gebildeten Kreisen für das Heilige Römische Reich (sacrum imperium) der Zusatz "Deutscher Nation" auf. Damit wurden die deutschsprachigen Reichsteile von den damals ebenfalls noch im Kaiserreich liegenden italienisch- und französischsprachigen Reichsteilen unterschieden (wobei es in dieser Zeit weder eine einheitliche deutsche, französische noch italienische Sprache gab). Die slawischen Sprachen wurden hierbei allerdings ignoriert.

Die gemeinsame Sprache an allen europäischen Universitäten war bis ins 19. Jahrhundert hinein das Latein. Das ist sicher auch der Grund, warum das Wort Nation heute ein international verbreitetes Wort ist. Die heute geltende Verknüpfung zwischen Nation und Staat kam aber erst nach der Französischen Revolution von 1789 in Mode. Und auch heute noch unterliegt der Begriff Nation ständigen Veränderungen, sowohl zeitlicher als auch geografischer Art. Als "Gemeinschaft von Menschen, die durch eine gemeinsame Sprache, Kultur oder ein gemeinsames Territorium verbunden sind", lautet deshalb auch relativ unscharf die heute geltende Definition.

Entstehung der Deutschen Nation:

Noch um 1800 kam kein Einwohner in Bayern auf die Idee, dass er irgendwelche Gemeinsamkeiten mit Leuten aus Württemberg oder aus gar aus Holstein hätte. Diese gab es in der Realität im gesamten Reich ja auch nicht. Die Unterschiede in der Sprache, Religion und Kultur waren immens. Es gab mit der katholischen, evangelischen und jüdischen Religion allein drei religiöse Hauptströmungen, die sich oft feindlich gegenüber standen. Außerdem gab es mit den plattdeutschen und hochdeutschen Dialekten zwei sehr unterschiedliche Sprachen. Hinzu kamen große Bevölkerungsteile, die niedersorbisch, tschechisch, slowakisch, slowenisch, polnisch, italienisch, friesisch und dänisch sprachen.

Sehr dynamisch waren jahrhundertelang auch die Änderungen an den Grenzen des Heiligen Römischen Reiches und der als Deutschland bezeichneten Nachfolgestaaten. Erst seit 1945 scheinen die Außengrenzen stabil zu sein. Vorher änderten sich die Grenzen regelmäßig im Abstand von nur wenigen Jahren bis zu einigen Jahrzehnten. Manchmal wechselten sogar Territorien in der Größenordnung von mehreren Bundesländern ihre Zugehörigkeiten. Das geschah anfangs noch ohne die gewaltsame Vertreibung großer Teile der Bevölkerung, wie das schließlich 1945 der Fall war.

Erst die Befreiungskriege gegen Napoleon Bonaparte und die Verbreitung der ursprünglich von Martin Luther initiierten allmählich entstehenden einheitlichen hochdeutschen Schriftsprache ließ überhaupt so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl entstehen. Hierfür setzte sich der gerade in Mode gekommene Begriff Nation durch.

Schließlich sollte mit der Deutschen Revolution von 1848/1849 ein Nationalstaat gegründet werden. Das scheiterte allerdings unter anderem auch weil auf der Frankfurter Nationalversammlung Uneinigkeit darüber herrschte, wer eigentlich alles zur Deutschen Nation dazugehört. Deshalb kam die nationale Einigung erst 1871/72 durch Bismarck zustande. Diese Nation unterschied sich allerdings erheblich von der ursprünglich 1848/49 angedachten Nation. Nun gehörten die Österreicher nicht mehr dazu, dafür besaßen aber nun die preußischen Polen die Deutsche Staatsangehörigkeit. Die heutige polnische Hauptstadt Warschau gehörte damals zum Deutschen Kaiserreich. Die Polen waren aber nicht die einzige heute als national bezeichnete Minderheit in Deutschland. Weitere waren zum Beispiel die auch heute teilweise noch bilingual aufwachsenden Dänen und Sorben.

Heutige Nationalstaaten:

Gegenwärtig sehen sich die meisten Staaten als eigene Nationen und Nationalstaaten. Das gilt auch für die arabischen Länder im Nahen Osten und in Nordafrika, ebenso für die Staaten in Lateinamerika. In diesen benachbarten Ländern gibt es keine bzw. kaum religiöse und sprachliche Unterschiede und manche Grenzen zwischen Sprachen und Religionen verlaufen sogar innerhalb dieser Staaten.

Anderseits gibt es viele Länder, in denen eine Vielzahl von unterschiedlichen Sprachen gesprochen und Religionen praktiziert werden. Aber auch diese Staaten sehen sich oft als eigenständige Nationen.

Es gibt nur wenige Ausnahmen. Hierzu gehört zum Beispiel Südafrika*, wo verkündet wird, dass sie zu einer Nation zusammenwachsen wollen. Ein weiteres Beispiel ist Malaysia. Dort wird ehrlich von einem multinationalen Staat gesprochen.


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Der Sandwich-Staat Südafrika:

Ob aus Südafrika einmal so etwas wie eine Nation entsteht ist gegenwärtig fraglich. Zur Zeit gibt es eine schwarze Elite, die aus ökonomischen Gründen die weiße Minderheit hegt und pflegt, während die Masse der Menschen mit afrikanischen Wurzeln weiterhin in bitterer Armut lebt. Deshalb hat eine Durchmischung der Bevölkerung auch über dreißig Jahre nach dem Ende der Appartheit noch nicht stattgefunden.



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